Rotenburger Kreiszeitung ǀ 09.06.2025 ǀ Autorin: Daniela Barth
Selbstbewusste Zauberlehrlinge
Nicht nur ein magischer Spruch: »Zaubern hilft!«
Scheeßel – Im Jugendtreff Scheeßel wird es montagnachmittags immer magisch. Da werden von jungen Magiern selbstgebastelte Zauberstäbe durch die Luft geschwungen, Karten trickreich gemischt und geheimnisvolle Zaubersprüche geübt.
Und verirrt sich eine Besucherin in den Treff, dann wird sie direkt von den zehn- bis dreizehnjährigen Zauberlehrlingen in Beschlag genommen. Sie bekommt die unterschiedlichsten Tricks vorgeführt: Ein Holzring, der aus einem Knoten gelöst wird, Würfel, die plötzlich »aus dem Nichts« auftauchen oder sie muss sich eine Karte aussuchen – natürlich heimlich, still und leise und alle Kinder schauen weg – und auf magische, verblüffende Weise erraten die Nachwuchs-Zauberkünstler, welche es ist.
Das Erstaunen der Besucherin amüsiert die kleinen Zauberlehrlinge: Sie kichern, stupsen sich gegenseitig an und tauschen vielsagende Blicke und verströmen dabei eine ansteckende Freude darüber, dass der Trick – den sie selbstverständlich laut Magiercodex nicht verraten dürfen – so gut funktioniert hat.
»Kinder stark machen, darum geht es uns«, sagt der Pädagoge Bodo Becker, der gemeinsam mit Janina Wieters von der Sozialpädagogischen Familien- und Lebenshilfe (SoFa e.V.) das »innovative« – und nach Beckers Angaben »deutschlandweit einzigartige« – Workshop-Projekt »Zaubern hilft!« Anfang dieses Jahres ins Leben gerufen hat. Es wird von der Aktion Mensch gefördert und läuft in dieser besonderen Form bis Ende 2027.
Dass seine Zöglinge in Scheeßel so offensiv und vor Energie und Magie übersprudelnd auf eine Fremde zugehen, freut Becker, der mit richtigem Vornamen Wolfram heißt, ganz besonders. Denn einige der Kinder seien eigentlich recht schüchtern, hätten Angststörungen oder ähnliches, erklärt Becker, der seit über 25 Jahren selbst als Zauberkünstler auf Bühnen steht.
Dieses Projekt bietet Kindern und Jugendlichen ab acht Jahren die Möglichkeit, in die faszinierende Welt der Zauberkunst einzutauchen. Dabei steht nicht nur das Erlernen von Zaubertricks im Vordergrund, sondern auch die Förderung von sozialen und kreativen Kompetenzen. Die Teilnehmenden lernen, wie sie ihre Ideen in die Tat umsetzen und ihre Selbstwirksamkeit erfahren können. »Wir zaubern gemeinsam mit den Kindern – sie lernen dabei die verblüffendsten Zauberkunststücke«, sagt Becker. Und sie würden dadurch selbstbewusster und resilienter, ist sich der 50-Jährige sicher.
»Wir sind immer montags im Jugendtreff Scheeßel, es ist der einzige Standort mit zwei Gruppen. Wir starten um 15 Uhr mit Gruppe 1, um 16 Uhr folgt Gruppe 2 – mit jeweils einer Stunde Zauber-Workshop«, so Becker.
Ein besonderer Aspekt von »Zaubern hilft!« sei die aktive Mitgestaltung der Kinder und Jugendlichen. Sie seien nicht nur Zuschauer, sondern übernähmen wichtige Rollen in der Planung und Durchführung einer großen Zaubershow. Von der Gestaltung der Bühnenbilder über die Programmgestaltung bis hin zur Öffentlichkeitsarbeit – die Kinder seien in alle Schritte involviert.
Dies fördere nicht nur ihr Selbstbewusstsein, sondern auch die Teamarbeit und die sozialen Fähigkeiten. Am Ende des Workshops wird es kurz vor den Sommerferien eine Vorstellung für die Eltern und Verwandten der Zauberlehrlinge geben.
Das Projekt findet in langjährig etablierten Jugendtreffs von »SoFa e.V.« statt, nicht nur in Scheeßel, sondern auch in Sottrum, Tarmstedt und Dörverden. Becker und Wieters, die die Workshops anleiten, kommen beide aus Bereichen wie Psychologie, Pädagogik und Kunsttherapie. So werde sichergestellt, dass die Kinder und Jugendlichen eine bedarfsgerechte und kompetente Begleitung erhalten, betont Becker, für den »Zaubern hilft!« ein Herzensprojekt darstellt.
Denn: »Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Inklusion.« »Zaubern hilft!« stehe allen Kindern und Jugendlichen offen, unabhängig von ihren Hintergründen oder Ressourcen. Das Projekt setze sich aktiv dafür ein, Barrieren abzubauen und eine inklusive Gemeinschaft zu schaffen, in der Vielfalt gefördert wird. Besonderen Wert lege er darauf, Chancengleichheit zu gewährleisten und Benachteiligungen zu vermeiden, sagt der Erzieher. Daher arbeite er auch mit Schulpsychologen zusammen, die betroffene Schüler gezielt ansprechen und ihnen den Kurs empfehlen.
Die nächsten Kurse starten bald: In Scheeßel beginnt der neue Workshop am 20. August, direkt nach den Sommerferien, und in Sottrum geht es am 18. August los. Kinder und Jugendliche können sich noch anmelden und Teil dieses Projekts werden.